Michael Fröba, Professor für Anorganische Chemie der Universität Hamburg und Leiter des Arbeitskreises für „Anorganische Festkörperchemie/Materialwissenschaft“, ist verantwortlich für das Hochschulmodul „Energiespeicherung“, das bereits zwei Oberstufenprofile mit dem profilgebenden Fach Chemie durchlaufen haben. Zwei Tage lang führten die Schüler Versuche zur physikochemischen, elektrochemischen und thermischen Speicherung durch. Gegenüber der NaT erläutert Professor Fröba, warum die Nachwuchschemiker entscheidend für unsere Zukunft sind.
NaT: Herr Professor Fröba, Sie sind unter anderem Beauftragter für Energieforschung. Was bedeutet das konkret?
Das Präsidium der Universität Hamburg hat mich dafür eingesetzt, weil ich mich nun einmal hauptsächlich mit dem Thema Energiespeicherung befasse. Das bedeutet in erster Linie Koordination. So erhebe ich aktuell gemeinsam mit den Beauftragten der anderen Universitäten, woran in Hamburg im Bereich Energie geforscht wird. Das sollte zum Ende des Jahres fertig werden - hoffentlich.
NaT: Und womit sind Sie selbst in diesem Bericht vertreten?
Wir haben seit vielen Jahren eine sehr große Expertise im Bereich der nanoporösen Feststoffe. Das sind sehr kleine Poren mit einer riesigen Oberfläche und der Eigenschaft, Gase zu trennen oder kleinste Teilchen aufzunehmen. Wir versuchen damit effizientere Gasspeicher für Wasserstoff oder Methan zu erzeugen. Das ist der eine Bereich. Der andere ist der Versuch, die Batterien zu verbessern. Was viele nicht wissen: nach der Lithium-Ionen- Batterie im Handy oder Notebook ist nicht Feierabend. Es gibt jetzt schon neue Typen wie die Lithium-Schwefel-Batterie, die in gut fünf Jahren auf den Markt kommen könnte. Am oberen Ende der besten Batterien, die man sich momentan vorstellen kann, steht die Metall-Luft- oder Lithium-Luft-Batterie. Das ist eine Art Kombination aus einer Batterie und einer Brennstoffzelle und wenn die wirklich funktioniert, werden Sie mit einer Autobatterie ohne Probleme zwischen 700 und 900 Kilometer fahren können. Auch dort spielt die Oberfläche eine große Rolle; sie sorgt für viel Kontakt zwischen den beteiligen Komponenten. So kommen auch hier wieder unsere hochporösen Materialien zum Einsatz.
NaT: Wie viele Mitarbeiter forschen daran?
Im Arbeitskreis sind wir 24 Mitarbeiter; davon arbeiten 80 Prozent an Energiefragen. Die anderen beschäftigen sich auch mit porösen Feststoffen, es geht da aber eher um die Aufnahme von Schadstoffen.
NaT: Jetzt haben Sie und Ihre Mitarbeiter vier Tage lang Oberstufenschüler angeleitet. Wie ist das gelaufen?
Ich bin mit dem Modul sehr zufrieden und habe auch den Eindruck, dass das bei den Schülern ganz gut ankommt. Das genaue Feedback muss ich aber noch abwarten. Auf jeden Fall werden wir die personellen Ressourcen anders aufstellen und das zukünftig an Masterstudenten aufhängen. Das sind dann Siebt- oder Achtsemestler, die als wissenschaftliche Hilfskraft finanziert werden. Wir wollen das darüber verstetigen, weil wir überzeugt sind, das dies ein Modul mit Zukunft ist.
NaT: Was motiviert Sie, sich für Oberstufenschüler zu engagieren?
Ich bin der Meinung, dass die Bedingungen an den Schulen häufig schwierig sind und es nicht so viele Möglichkeiten gibt, interessierten Schülern wirklich Einblicke in die Forschung zu geben. Die Universität hat dagegen mehr Räume, mehr Ressourcen, mehr Personal – und weniger Sicherheitsauflagen. Das wollen wir nutzen. Das ist auch etwas, was ich selbst als Schüler erlebt habe: Es war spannend, mal an die Universität zu gehen, im Labor mitzuarbeiten, eigene chemische Experimente zu machen. Aber ich muss auch ganz klar sagen, es geht nicht darum, dass wir den Job der Schulen machen.
NaT: Sie meinen, das Praktikum muss sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden?
Entscheidend ist die Motivation, die muss sowohl bei den Lehrern als auch bei den Schülern stimmen. Wenn das Interesse da ist, öffnen wir uns gerne, dann können die Schüler bei uns reinschnuppern und müssen nicht erst drei Semester studieren, bis sie so etwas sehen.
NaT: Was hat Sie selbst für Ihr Studium motiviert?
Mich fasziniert die Vielfalt der chemischen Elemente, deren Eigenschaften und was man daraus machen kann. Und dass die Chemie verschiedene Facetten hat: Sie ist Theorie und Handwerk zugleich. Das ist kein Studium, wo Sie immer nur am Schreibtisch sitzen, sondern in der Regel arbeiten Sie jeden Nachmittag im Labor. Damit überprüfen Sie Ihr theoretisches Wissen in der Praxis und entwickeln es weiter. Das finde ich super interessant.
NaT: Warum sollte ein junger Mensch heute Chemie studieren?
Ich sage immer den Studierenden, es gibt zwei große Geißeln der Menschheit. Das sind zum einen Infektionen und das ist zum anderen das Energieproblem. In beiden Fällen spielt die Chemie eine zentrale Rolle, weil alte Materialien nicht mehr ausreichen. Wir müssen etwas völlig Neues entwickeln, um Aids und Krebs in den Griff zu bekommen. Und der Materialbereich ist ausgereizt. Wir brauchen den Wechsel auf neue, kreative Ideen.
NaT: Diese Chemikergeneration soll die Lösung für sieben Milliarden Menschen bringen?
Ja, wenn wir die Energiefrage nicht in den nächsten zehn bis dreißig Jahren in den Griff bekommen, dann haben wir ein echtes Problem. Dazu kommt dann auch die Herausforderung, die richtigen Elemente auszuwählen. Was macht es für einen Sinn, sich auf Materialien und Technologien zu konzentrieren, die gar nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden sind? Das können die Chemiker, denn sie kennen sich mit Periodensystem bestens aus. Recycling und Materialauswahl sind die Themen von morgen.