Die Energiebilanz ist der Knackpunkt. „Wir brauchen einen Speicher, der keinen Einfluss auf die Energiebilanz hat, sonst eignet er sich nicht“, sagt Christopher Stapelfeldt. Für den Doktoranden am Institut für Anorganische und Angewandte Chemie ist die Energiebilanz „das Steckenpferd, das man in der Forschung immer im Hinterkopf hat.“ Dabei ist Stapelfeldts Steckenpferd in erster Linie die Chemie, in zweiter Linie ihre Vermittlung. „Es ist mein ganz großes Anliegen, die Schüler wieder für die Chemie zu begeistern“, sagt der Koordinator des Projektes „Brücken in die Wissenschaft“, das von der Universität Hamburg entwickelt wurde und von der Joachim Herz Stiftung finanziell unterstützt wird.
Brücke ins Lehrerzimmer
Eine Brücke von der Universität in die Schule schlagen in der Regel forschungsnahe Module, das sind ein- bis zweitägige Laborpraktika, die von Theorieblöcken ergänzt und für Oberstufenschüler angeboten werden. Dieses spezielle Modul "Energiespeicherung" wurde 2010 von Prof. Dr. Michael Fröba, Leiter des Arbeitskreises Anorganische Festkörperchemie / Materialwissenschaft", und seinen Mitarbeitern konzipiert. Es findet nun im vierten Durchgang jährlich mit zwei Hamburger Gymnasien statt. Aber an diesem Tag sind es Lehrer, die sich mit Fragen der Energiespeicherung auseinandersetzen. „Wie wollen die Lehrer stärker einbinden und ihnen aktuelle Forschungsthemen nahebringen“, sagt Stapelfeldt. Für die Lehrerfortbildung hat er ein Skript vorbereitet und Versuche zur Herstellung eines mikroporösen Wasserstoffspeichers sowie zur Gasspeicherung geplant. Wie steht es da um die Energiebilanz, wenn nur sechs Lehrer teilnehmen? „Das lohnt sich auf jeden Fall. Die Lehrer sind wieder näher dran an der Forschung und tragen sie weiter."
Hier kochen Lehrer
Es geht vor allem um Austausch und Transfer. Stapelfeldt hat zwei Lehramtsstudentinnen mitgebracht, da entstehen schnell Synergien. „Ich will das auf jeden Fall anwenden“, sagt Sabine Scheele. Im zweiten Semester behandelt die Lehrerin der Sophie-Barat-Schule die Elektrochemie. Abiturrelevant sind die Akkumulatoren, wiederaufladbare Energiequellen wie die Lithium-Ionen-Akkus. Das könne man durch die Energiespeicherung mit Metallorganischen Gerüstverbindungen, in der Fachsprache MOFs genannt, gut ergänzen. „Das Thema ist so aktuell, das wird meine Schülergruppe bestimmt interessieren“, so Scheele.
Module zum Auftanken
Bei steigendem Energiebedarf und Abbau fossiler Brennstoffe haben die türkisblauen MOFs eine rosarote Zukunft. Aber auch die anderen Module der Universität sind für den Schulunterricht attraktiv: „Hier gibt es alle Gerätschaften, Chemikalien und eine tolle Betreuung“, sagt Tanja Hühn von der Gyula Trebitsch Schule in Tonndorf. Sabine Scheele kann das nur bestätigen: „Mal eben 150 ml Ethanol pro Gruppe, das geht in der Schule gar nicht.“ Aus dem Ethanol hat Sven Röding eine Kupfersalz-Lösung hergestellt, parallel synthetisiert der Referendar vom Charlotte-Paulsen-Gymnasium noch eine organische Verbindung und rührt beides zusammen: Ein türkisleuchtender Feststoff fällt aus. „Das ist für die Schüler natürlich spannend, aber für uns Lehrer wäre es enorm viel Vor- und Nachbereitung, müssten wir die Versuche an der Schule durchführen.“
Lehrerfortbildung 2015
Vier Chemie- und zwei Biologiemodule bilden schon Brücken in die Wissenschaft. Wenn es nach Christopher Stapelfeldt geht, eignet sich das Projekt aber für den gesamten MINT-Sektor, gerade auch für die Physik. Aber erst einmal will er zu den bestehenden Modulen im nächsten Jahr eine weitere, generalisiertere Schulung „Brücken in die Wissenschaft“ anbieten. „Ich will das Modul Energiespeicherung, aber auch das gesamte Projekt noch stärker an die Wünsche der Lehrer anpassen.“ Damit hat sich der Wissenschaftler neben und nach seiner Promotion viel vorgenommen. Auf jeden Fall will er Brückenbauer bleiben: „Dass ich mit den Schüler nah am universitären Niveau arbeiten kann, ist total spannend – und mir bringt es einfach Spaß!“